Durch elektronische Mittel liessen sich uralte Zusammenhänge zwischen Musik und Raum neu beleben, meinte Bernd Alois Zimmermann. Und so erwecken wir die grossartige Architektur des Berner Münsters zum weiten Klangraum.
In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Bernd Alois Zimmermann an einem neuen Zeitkonzept. Die Zeiten werden nicht mehr zur Kugelgestalt geballt, sondern sie dehnen sich in der Zeit. Er versuchte der Gegenwart als «Präsens der Zeit» eine besondere Artikulation zu geben. Für die zweite geplante Oper «Medea» schuf er zwei erste elektronische Kompositionen, die beide den Titel «Tratto» tragen. Dafür verwendete er die damals eigentlich schon fast «veralteten» Sinustöne, die für ihn jedoch «einen irgendwie raum- und zeitöffnenden Charakter» besassen. «Es dürfte auch kein Zufall sein, dass das uralte Wissen um die Zusammenhänge von Musik und Raum vor allem durch die ersten elektronischen Kompositionen neu ins Bewusstsein gehoben wurde», schreibt Zimmermann dazu. Und so sind die beiden Kompositionen ein idealer Beginn für einen Abend, in dem Raumöffnung und Zeitstreckung auf faszinierende Weise ins Spiel kommen. Zwischen Tratto I und II erscheint ein berühmtes Liebespaar des 12. Jahrhunderts: Heloïse und Abélard. Sie sprechen zu uns über die Jahrhunderte hinweg. Der Komponist Gerald Bennett widmete dem Paar sein allerletztes Werk für Sopran und Tonband.